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Ein `Schmerzkatalog` f
Wie bei kaum einer anderen Tierart ist der Grad von Schmerzen beim Pferd mitunter schwierig einzuschätzen. Die richtige Einordnung kann aber lebenswichtig sein, besonders dann, wenn es um Koliken und die Entscheidung konservative Therapie oder Operation geht. Diese Zusammenfassung gibt wichtige Entscheidungshilfen.

Kolik (abdominale Schmerzen) sind ein relativ häufiges Problem bei Pferden aller Altersklassen. Es gibt verschiedenste Ursachen, die natürlich dem Pferdetierarzt geläufig sein sollten. Nach klinischer Untersuchung des Patienten kann die Liste der möglichen Differentialdiagnosen in der Regel deutlich eingeengt werden.

Der Grad des Schmerzes korreliert gewöhnlich mit der Schwere der klinischen Symptome, obwohl es individuelle Unterschiede geben kann, gerade bei jüngeren Tieren.
Im folgenden soll auf die initiale klinische Untersuchung eingegangen werden. Teil 2, das `managen` von Pferden mit Kolik, folgt.

Klinische Symptome
Geringgradige Schmerzen äußern sich in gelegentlichem Scharren, Umschauen nach den Flanken, sowie häufigerem Strecken und Hinlegen als üblich.
Das Runzeln der Oberlippe gilt bereits als Zeichen mitterlgradiger abdominaler Schmerzen. Meist kommen hier auch Inappetenz, Lehen an die Wand und Spielen mit Wasser (ohne zu trinken) hinzu.
Mit zunehmenden Schmerzen werden die Pferde immer unruhiger, scharren mit den Hufen, legen oder werfen sich hin, rollen sich hin und her und stöhnen eventuell auch.
Hochgradige Bauchschmerzen schließlich äußern sich in Schwitzen, heftigem Hin- und Herrollen und extremer Ruhelosigkeit. Verhaltensänderungen wie beispielsweise Depression sollten sorgfältig untersucht werden, da sie sowohl durch starke Schmerzen als auch infolge der Entwicklung einer Endotoxämie bedingt sein können. Letztere tritt besonders früh bei Tieren mit proximaler Enteritis oder Peritonitis auf.

Pferde mit einer Obstruktion aufgrund von Strangulation zeigen generell ein Fortschreiten von mäßigen zu hoch- oder höchstgradigen Schmerzen. Kontinuierliche hochgradige Schmerzen sind häufiger bei hochgradiger Tympanie wie bei Strangulation, wo der Darm maximal gedehnt ist oder eine signifikante Spannung des Mesenteriums besteht.
Ändert sich der Schmerzgrad dramatisch von schwer und heftig zu plötzlichem ruhigen Verhalten, kann dies auch auf eine Ruptur von Magen oder Darm hindeuten.

Mögliche Differentialdiagnosen abdominaler Schmerzen

1. leicht bis mäßig
a. intermittierend
a1: Magenulzera
a2: Entero-/Fekalithen

b. kontinuierlich
b1: proximale Enteritis
b2: Peritonitis/Ileus
b3: `Pending colitis` (Clostridium perfringens oder difficile, Salmonella spp.)
b4: ulzerative Colitis
b5: Toxiningestion (Ionophore, Cantharacin)

2. mäßig bis hochgradig
a. intermittierend
a1: Verstopfung (großes oder kleines Colon)
a2: Colon-Verlagerung (linkd dorsal, `Milz-Nieren-Band-Ãœberwurf` oder rechts dorsal)

b. kontinuierlich
b1: Strangulation
b11: Torsion Dünndarm/Mesenterium
b12: Volvolus großes Colon

b2: Komplette mechanische Obstruktion
b21: Askariden
b22: Anschoppung Ileum
b23: Anschoppung Cäcum (fortgeschrittener Verlauf)

3. Nicht gastrointestinale Ursachen kolikartiger Schmerzen
a. Uterus: Torsion, Ruptur, Blutung
b. Leber: Entzündung, Obstruktion Gallengänge
c. Harnwege: Obstruktion von Ureter oder Urethra
d. Lunge: Trauma, Pleuropneumonie

Die klinische Untersuchung
Der klinischen Erstuntersuchung gebührt besondere Bedeutung, da die meisten Symptome der eigentlichen primären Erkrankung zu diesem Zeitpunkt noch am besten zu bestimmen sind. Beispielsweise werden nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAID) oder Sedativa oft während oder nach der klinischen Untersuchung verabreicht.

Wichtig bei der klinischen Untersuchung sind insbesondere die Farbe der Schleimhäute, das Abschätzen des Hydrationsstatus (anhand der kapillären Rückfüllungszeit, des Hautturgors und evtl. eingesunkener Augen), Herz- und Atemfrequenz, Borborygmen, rektale Körpertemperatur und natürlich die rektale Untersuchung. Jegliche Veränderungen dieser Befunde geben wertvolle Informationen über das primäre Problem und liefern die Vergleichswerte für sämtliche späteren Untersuchungen.
Auch der Vorbericht sollte ausführlich mit dem Besitzer durchgegangen werden. Neben Signalement sind v.a. Haltungsbedingungen, Impf- und Entwrumungsstatus, kürzliche Transporte oder Streß, Ernährungszustand und Fütterung (insbesondere kürzliche Veränderungen wie neue Lieferungen von Heu oder Kraftfutter) sowie die Wasseraufnahme wichtig.
Gefragt wird auch nach der Dauer der klinischen Symptome, dem Grad der Schmerzen und wann der Patient zuletzt gesehen und für gesund gehalten wurde.
Mithilfe dieses sorgfältigen Vorberichts kann nun entschieden werden, ob das derzeitige Problem akut oder chronisch ist, ob ein Zusammenhang mit der Fütterung möglich oder wahscheinlich ist und ob möglicherweise andere Faktoren zu den Schmerzen im Abdomen beigetragen haben wie beispielsweise ein sandiger Paddock, minderwertiges Heu oder unzureichende Wasseraufnahme.

Quelle: Elizabeth Davis (2003): Diagnosing degrees of pain: Understanding progression of various forms of colic helps separate simple from severe pain. In: DVM Newsmagazine July 1, 2003. www.dvmnewsmagazine.com/dvm/




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